Wie sicher ist die BayArena?

Zurück in die guten alten Zeiten, damals wo alles so viel besser war. Leere und grauenhafte Stadien mit Leichtathletiklaufbahn, schlechter Sicht und Krawalle mit schweren Verletzungen und auch Todesopfern.

In dieser Zeit tat Bayer 04 Leverkusen etwas wofür die Fans in Deutschland diesem Verein auf ewig dankbar sein können. Man wollte den Fußball gesellschaftsfähig machen, ein Sport und Ereignis für die ganze Familie, das was heute bei jeder WM selbstverständlich ist. Schritt für Schritt entwickelte sich das kleine Haberland zu einem Tempel des Fußballs und einem Maßstab für Europa. Sicherheitsdienst, keine hässlichen Zäune und natürlich die Familystreet, einen Familienbereich auf der Kinder sich frei im Stadion bewegen konnte ohne dass sie in Krawalle verwickelt werden könnten. Damals undenkbar und traumhafte Zustände für Fußballliebhaber, die sich in einer wachsenden Fangemeinde und fachkundigem Publikum auszahlten.

Heute haben andere Vereine aufgeholt und riesige Fußballtempel nach Vorbild der BayArena errichtet. Der Fußball erlebt in Deutschland nach wie vor einen ungeahnten Boom, mit dem sich auch der Anspruch der Besucher geändert hat. Heute ist das Kundenkriterium nicht nur Sicherheit und schöner Fußball, sondern auch ein hoher Stimmungs- und Erlebnisgrad. In den Medien werden die Besucher zusätzlich aufgeputscht und Vereine versuchen sich mit immer höheren Zuschauerzahlen als erfolgreiches und Sympathie tragendes Produkt zu positionieren. Ein einfaches Sicherheitskonzept wie früher reicht da nicht mehr aus, man muss lernen seine „Kunden“ zu verstehen und Spielräume klar zu definieren und trotzdem die Stimmung zu erhalten.

Beim brisanten Derby gegen den 1. FC Köln offenbarte sich mal wieder der verbesserungswürdige Umgang mit seinen Besuchern. Gästefans werden seit Jahren unzureichend und ohne erkennbares Konzept kontrolliert, obwohl man sich öffentlich mit der „St. Pauli-Regel“ brüstet. So durften die Gäste aus Mönchengladbach trotz Zünden von Pyrotechnik zur neuen Saison entgegen der Regel Fanmaterial mitbringen und die in Sicherheitskreisen berüchtigten Fans des FC Köln konnten wie jedes Jahr ohne Probleme Feuerwerk in großem Umfang in das Stadion bringen und dieses sogar im H-Block, der gleichzeitig Behindertenbereich ist, zünden und werfen. Zurecht brummt der DFB dem schlampigen Sicherheitskonzept Geldstrafen auf, will man doch auch eigene Spieler schützen wie zB. Toni Kross den im letzten Derby eine brennende Fackel nur knapp verfehlte.

Auch die eigene Stadionordnung scheint man nicht wirklich gewissenhaft zu verfolgen. So ließ man Gästefans in voller Montur in die Blöcke B3 und B4, als auch in den Bayer-Fanbereich im D-Block hinein! Damit provoziert und nötigt man folglich nicht nur die eigenen Fans, sondern gefährdet auch seine Gäste. Das Überklettern von 4-8 Bayerfans zum angrenzende B4 Bereich war ein gutes Paradebeispiel was passieren kann wenn man bei einem emotionsgeladenen Derby nicht für ausreichende Pufferzonen sorgt. Es ist nicht auszuschließen dass eine Heimniederlage Übergriffe mit schweren Verletzungen provoziert hätte, obwohl eine gewissenhafte Kontrolle der Fanartikel in den Eingängen von B und D problemlos umzusetzen wäre. In anderen Bundesligastadien übrigens Standard.

Wenn es zu schwer ist sich an die eigene Nase zu packen sucht man sich einen Sündenbock. Die Wurzel allen Übels sind dann auf beiden Seiten oft die sogenannten Ultras, eine Gruppierung extrem stimmungsorientierter Fans die untereinander mit kreativen Schlachtgesängen und selbst gebastelten Fahnen und Shows konkurrieren und deren Nutznießer natürlich auch Fans und Zuschauer im Stadion und TV sind. Als Kehrseite der Medaille kann deren Übereifer und Hingabe auch in unschönen Szenen wie jetzt beim Derby ausufern, wären aber durch eine sinnvolle und ordnungsgemäß durchgesetzte Stadionordnung problemlos verhindert worden.

Das Sicherheitskonzept von Bayer Leverkusen täte gut daran zusammen mit den Fans ein für alle Besucher einfaches und transparentes Regelwerk auszuarbeiten und dieses konsequent umzusetzen. Auch sollte die Vereinsführung ernsthaft die Struktur des Bayer Sicherheitsdienstes hinterfragen. Die Gerüchte um angeblich durch BaySecur für die FC-Fans hineingeschmuggelte Pyrotechnik und die aufgebrochenen Kabine der Gästemannschaft werfen kein gutes Licht auf die allgemeine Sicherheit im Bayerstadion. Bayer Leverkusen muss wieder für Professionalität und Liebe zum Sport stehen, nicht nur auf dem Platz.

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